Mittwoch, 27. Juni 2007

Sacrum Monarchiae Speculum

Für den "bescheidenen" Preis von 79 € kann man eine interessante wissenschaftliche Novität erstehen. Der Mainzer Historiker Josef J. Schmid hat eine Studie über die Herrscherweihe, den sogen. "Sacre", Ludwigs XV. im Jahre 1722 verfasst. Erschienen ist das Werk im Aschendorf-Verlag, aus dessen Neuheitenkatalog untenstehender Beitrag stammt.

Der Sacre Ludwigs XV. 1722:
Monarchische Tradition, Zeremoniell, Liturgie

Reims, 25. Oktober 1722: In der Cathedrale Notre Dame wird der 12-jährige Louis XV zum König von Frankreich geweiht. Das traditionelle Zeremoniell, vor allem die Salbung mit dem in der Heiligen Ampulle verwahrten »Himmelsöl«, machen den »König von Blut und Rechts wegen« erst zum Nachfolger Chlodwigs, zum Garanten und Repräsentanten der »alliance« Gottes mit Frankreich, zum Ebenbild der alttestamentarischen Könige, zum Haupt und Lenker der gallikanischen Kirche.

Aufgabe und Anspruch des vorliegenden Bandes ist es, gerade für die in dieser Hinsicht ansonsten eher stiefmütterlich behandelte Frühe Neuzeit Bedeutung und Wert von monarchischem Zeremoniell und monarchischer Tradition zu illustrieren. In welcher Weise prägt ein vermeintlich mittelalterliches und vormodernes heilsgeschichtliches Verständnis Zeit und Denken des frühen 18. Jahrhunderts? In wie weit ist der liturgischzeremonielle Akt der Königsweihe sinnbildlich, ja fundamental für das Verständnis der französischen Monarchie selbst?

Eine in drei große Abschnitte gegliederte Untersuchung versucht Antworten auf diese grundlegenden Fragen zu geben. Dabei wird die Liturgie des Sacre erstmals einer interdisziplinären, zeremonial-, liturgie-, geistes- und musikwissenschaftliche Ansätze einschließenden Analyse unterzogen und ebenso erstmals der gesamte Text der Weiheliturgie dem Leser zugänglich gemacht.


Ich habe das Werk natürlich nicht gelesen, im Moment fehlt mir auch das Geld, dieses zu kaufen. Falls ich es in die Hände bekomme, werde ich an dieser Stelle darüber berichten.

In einem Beitrag über die Königskantate Bachs hatte ich bereits auf die Vorstellung einer gottgebundenen Monarchie hingewiesen. Die Liturgie der Herrscherweihe drückt diese Gottgebundenheit am intensivsten aus. Das Salböl, die Krone, die Gebete zeigen auf, dass das Königtum nicht aufgrund Leistung verliehen wird, nicht um Opportunität buhlen muss, sondern ursprünglich Geschenk ist. Und zwar kein Geschenk an den Monarchen, sondern Geschenk an das Volk. Ich möchte hierzu ein Zitat eines französischen Bischofs abändern: "Ein König, der nicht dient, dient zu nichts." Und hier gilt desweiteren das Wort Christi: "Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan." Daher soll der Herrscher immer zugleich Gott und dem Volk dienen.

Es wäre natürlich notwendig, auf die Dienstverpflichtung des Untertans (oder besser auf Englisch: Subject) hinzuweisen, doch das soll ein andermal geschehen.

Nachtrag: Wie ich gerade sehe, hat Schmid auch das Vorwort zu Raspails Roman Sire verfasst. Ein Grund mehr, Zugang zu der Studie über das Sacre zu kriegen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Den Satz, daß das Königtum kein Geschenk an den Monarchen, sondern an das Volk sei, finde ich ganz herrlich und erstklassig. Demnach wäre der Empfänger der Gnade des Gottesgnadentums auch nicht (nur) der Monarch, sondern (auch) das Volk.

(Ich bin mir sicher, das so etwas schon gesagt und gedacht worden ist, aber ich lese das hier zum ersten Mal. Danke also! :))

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Und ja, das Gefühl kennt man, oder sollte es als anständiger Student jedenfalls kennengelernt haben: "Uah, das muß ein tolles Buch sein! :) Aber, leider, leider - geht nicht. :(" Na, es wird bald über die Fernleihe zu kriegen sein.

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