Samstag, 22. September 2007

Bedrohtes Gut


Ich lese derzeit wieder einmal ein Jugendbuch, dass ich vor einem Jahrzehnt gelesen habe, und mir nun noch einmal zu Gemüte führe, was mich denn so geprägt hat.

Es ist Der Brief für den König von Tonke Dragt, ein echter Ritterroman. Es steckt voller einfacher Wahrheiten, voller Wahrheiten, die jeder denkt und keiner sich zu sagen traut. Dass das Gute auch meistens gut aussieht, dass weiß weiß ist und schwarz schwarz, ist so eine simple Wahrheit.

Natürlich würde ich über diesen Roman nicht schreiben, würde er nicht eine Reihe guter monarchistischer Gedanken vertreten, aber heute fiel mir etwas anderes ins Auge.

Da ist der Hofnarr des Königs Unauwen, der auf dem Marktplatz eine Rede hält. Erst kurz zuvor hat der Ritter Tiuri, die Hauptperson des Romans, die Nachricht überbracht, dass das Reich von Verrat und Krieg bedroht wird. Die Menschen sind unruhig.

Und da sagt der Narr: "Schaut Euch um und sagt mir: Ist die Stadt heute nicht schön? Ihr könnt sogar merken, dass sie schöner ist als sonst. Das kommt daher, daß ihr spürt, daß sie vielleicht in Gefahr ist. Erst wenn etwas bedroht ist, so begreift man, wie lieb es einem ist..."

Ich musste das Buch erst einmal zur Seite legen. Denn mir ging eines auf: Dass all die Zuwendung, ja ich möchte sagen die Liebe, die ich in den letzten Jahren zu meinem Land entwickelt habe, daher rührt, dass mir seine Bedrohung umso deutlicher und schmerzlicher bewusst wurde. Bin ich früher achtlos an den Kulturschätzen, aber auch an den Menschen vorbeigegangen, so hat sich das nun gewandelt. Weil ich die Bedrohung - die mehr von innen als von außen kommt - sehe ich den Wert des Bedrohten.

Freitag, 21. September 2007

Reinhold Schneider: Macht und Gnade


Reinhold Schneider war ein katholischer Autor in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Obwohl den Nationalsozialisten gegenüber feindlich gesinnt, verblieb er doch in Deutschland. Er veröffentlichte eine Reihe von Schriften, die eine versteckte Kritik am Regime beinhalteten. Besonders hervorzuheben ist unter ihnen "Las Casas vor Karl V. – Szenen aus der Konquistadorenzeit*." In ihnen schildert Schneider die Auseinandersetzung in Spanien im 16. Jahrhundert um die Behandlung der Indianer. An der Frage, ob die Eingeborenen die Taufe empfangen können, entzündet sich letzten Endes die Frage der unveräußerlichen Menschenwürde, was als Kritik an den Zuständen in Deutschland anzusehen ist.

Ein anderes Werk aus dem Jahre 1941 fiel mir in meinem Urlaub in die Hände. In dem Essayband "Macht und Gnade" finden sich eine Reihe lesenswerter Aufsätze über Schneiders Geschichtsverständnis, über den Zusammenhang von Gesellschaft und Staat. Letztlich führt dieses Werk zu einem Druckverbot.

In dem Aufsatz "Drama und Königtum" legt Schneider anhand der Geschichte der literarischen Gattung des Dramas dar, warum es in Deutschland niemals die großen Dramendichter wie in England oder Spanien gab. Man fing hierzulande erst zur Zeit der Wirren am Ende des 18. Jahrhunderts an, Dramen zu dichten. Jedoch lebe, so Schneider, das Drama aus einer zu der Zeit nicht mehr vorhandenen Dynamik. Die typischen Königsdramen - man denke hierbei an Shakespeare - schildern die Bedrohung der ewigen Ordnung, also der Monarchie, durch eine Störung im Heilsgefüge. Jedes Drama müsse aber in einer Wiederherstellung dieser Ordnung enden. Der König mag ein Sünder sein, doch die Monarchie bleibt unangetastet. Das war sie aber am Ausgang der 18. Jahrhunderts nicht mehr. Die Guillotine hatte ihren Tribut gefordert, und es war nicht so sehr das Blut des Königshauses, welches die Welt aus den Bahnen brachte. Königliches Blut war schon vorher vergossen worden. Nein, es war die Umkehrung der Verhältnisse. Unter dem Schlagwort "Gleichheit" forderte die Revolution die Königlichkeit für alle.

Heute, 200 Jahre später, wissen wir, dass es nicht so kam. Die Revolution machte aus Bürgern keine Könige, ganz im Gegenteil machte sie aus Königen Bürger. Wer Gleichheit verkündet, sucht Kleinheit.

*Achtung Wikipedia-Link, Inhalt kann sich ändern und ist nicht immer zuverlässig

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