Samstag, 22. September 2007

Bedrohtes Gut


Ich lese derzeit wieder einmal ein Jugendbuch, dass ich vor einem Jahrzehnt gelesen habe, und mir nun noch einmal zu Gemüte führe, was mich denn so geprägt hat.

Es ist Der Brief für den König von Tonke Dragt, ein echter Ritterroman. Es steckt voller einfacher Wahrheiten, voller Wahrheiten, die jeder denkt und keiner sich zu sagen traut. Dass das Gute auch meistens gut aussieht, dass weiß weiß ist und schwarz schwarz, ist so eine simple Wahrheit.

Natürlich würde ich über diesen Roman nicht schreiben, würde er nicht eine Reihe guter monarchistischer Gedanken vertreten, aber heute fiel mir etwas anderes ins Auge.

Da ist der Hofnarr des Königs Unauwen, der auf dem Marktplatz eine Rede hält. Erst kurz zuvor hat der Ritter Tiuri, die Hauptperson des Romans, die Nachricht überbracht, dass das Reich von Verrat und Krieg bedroht wird. Die Menschen sind unruhig.

Und da sagt der Narr: "Schaut Euch um und sagt mir: Ist die Stadt heute nicht schön? Ihr könnt sogar merken, dass sie schöner ist als sonst. Das kommt daher, daß ihr spürt, daß sie vielleicht in Gefahr ist. Erst wenn etwas bedroht ist, so begreift man, wie lieb es einem ist..."

Ich musste das Buch erst einmal zur Seite legen. Denn mir ging eines auf: Dass all die Zuwendung, ja ich möchte sagen die Liebe, die ich in den letzten Jahren zu meinem Land entwickelt habe, daher rührt, dass mir seine Bedrohung umso deutlicher und schmerzlicher bewusst wurde. Bin ich früher achtlos an den Kulturschätzen, aber auch an den Menschen vorbeigegangen, so hat sich das nun gewandelt. Weil ich die Bedrohung - die mehr von innen als von außen kommt - sehe ich den Wert des Bedrohten.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das erinnert mich ein bißchen an einen Ausflug, den ich vor Jahren mit einem Freund unternommen habe. Wir waren in der Gegend von Hildesheim wandern und waren auf einem Aussichtspunkt angekommen. Sanfte Hügel im milden, sommerlichen Spätnachmittagslicht, unten alte Dörfer (das war die Heimatgegend meines Freundes). "Schönes Land eigentlich..." meinte einer von uns. "Wollen wir das unsere dazu beitragen, daß es so schön bleibt." sagte der andere. "Und unseres."

Ludwig Windthorst hat gesagt…

Ja, den Aspekt der Natur hätte ich auch hinzufügen müssen. Mir ging das damals so ähnlich beim Besuch der Rhön. Auch der Kontakt mit Ausländern belehrt einen oft von der Schönheit des eigenen Landes.

Anonym hat gesagt…

Ich hätte das genauer sagen müssen: Es war nicht nur die Natur, nicht nur die Landschaft, es war die Kulturlandschaft - eben die Felder, die Dörfer, der Aussichtspunkt war eine Ruine (vergessen, wo genau das war). Es war von Menschen, eben von unseren Vorfahren, gemachte und geprägte Landschaft, die uns damals inspiriert hatte. Daher die Assoziation bei Deinem Blog-Eintrag...

Condottiere hat gesagt…

Ohja!

Ich liebe es, im Spätsommer durch den Wald zu gehen und dann an der Lichtung auf die umliegenden Dörfer zu schauen.

Man sieht Kulturlandwirtschaft: hochstehendes Getreide mit gut erschlossenen Feldern, sanften Hügel, grünen Wälder, die Dächer der nahen Dörfer in der Spätsonne des August.

Mich ergreift dann immer ein sanftes Gefühl der Heimatliebe und die Angst, das man in 100 Jahren dieses Bild vielleicht garnicht mehr sehen kann.

Anonym hat gesagt…

Ja, genau! Und schon die Tatsache, daß immer mehrere Dörfer in der Nähe sind, macht einem dann klar, wie kleinräumig und sozusagen "durchkultiviert" unser Land ist! Man steht eben fast nie in der Wildnis oder in Riesenfeldern.

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